In Teil 1 der Reihe wurde der Effekt der Porenbildung (sog. Voids) in flächigen Lötverbindungen vorgestellt. Wie beschrieben tritt dieser Effekt bei konventionellen Lötverfahren auf, es gibt jedoch Methoden und Techniken, mit denen man die Voidbildung deutlich reduzieren kann. Einige von diesen sollen im zweiten Teil genauer beschrieben werden.
Um der dargelegten Problematik der Poren in Lötverbindungen entgegen zu wirken, gibt es die Möglichkeit, die Baugruppe unter Vakuum zu löten. Dieses aufwendige Lötverfahren wird auch industriell eingesetzt, um nahezu porenfreie Lötverbindungen zu schaffen. Gerade in der Leistungselektronik-Industrie muss auf dieses Verfahren zurückgegriffen werden, da die schon aufgeführten Nachteile durch Poren in der Lötverbindung im Bereich der Leistungselektronik nicht akzeptabel sind. Die Abnahmekriterien der IPC A 610 (Revision E) besagen, dass der Porenanteil, gemessen an einem 2D-Röntgenbild der Verbindung, unter 25% liegen muss, damit die Lötverbindung als zulässig angesehen werden kann. Aufgrund der großen Verlustleistungen und der damit entstehenden Temperaturen in der Leistungselektronik Branche ist diese Voraussetzung dort nicht ausreichend. In diesem Bereich wird von einem maximal zulässigen Porenanteil von 3 % pro Lötverbindung bzw. Lotkugel (engl. Solder-Balls) ausgegangen.
Das Löten unter Vakuum findet entweder in einer Dampfphasenlötanlage, oder im Zuge des sogenannten Heizplattenlötens statt. Im Falle des Heizplattenlötens findet die Wärmeübertragung konduktiv statt, wodurch die konduktiven Wärmeübergänge abhängig von Wärmekapazität und der thermischen Leitfähigkeit der zu fügenden Werkstoffe sind. Das Vakuum wird in der flüssigen Phase des Lotes erzeugt, wodurch die entstehenden Gas- und Lufteinschlüsse aus der Lötverbindung „herausgesaugt“ werden. Dadurch entstehen nahezu porenfreie Lötverbindungen, nachweislich mit einem Porenanteil von unter 1 %. Auf diese Weise kann jede elektronische Baugruppe, unabhängig von der thermischen Masse, quasi porenfrei gelötet werden. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass keine giftigen Abgase entstehen, da kein Flussmittel verwendet werden muss. Der Lötprozess ist dem des „normalen“ Reflowlötens sehr ähnlich, außer, dass erst nach Erreichen des gewünschten Druckes das Aufheizen beginnt. Auch bei diesem Verfahren können die Temperaturgradienten reguliert werden, um die thermomechanischen Spannungen, die in der Baugruppe entstehen, auf ein Minimum zu begrenzen.
In Dampfphasenvakuumlötanlagen wird das Vakuum hingegen erst nach dem Lötprozess erzeugt, nachdem die gewünschte Temperatur über Liquidus erreicht wurde. Die Baugruppe wird dann aus der Prozesskammer entfernt und diese unter einer Vakuumglocke dann auf den gewünschten Druck gebracht. In dieser Zeit verweilt die Baugruppe stillliegend in der beheizten Kammer. Es findet dabei kaum Wärmeverlust statt. Zusätzlich verdunstet während des Erzeugungsprozesses des Vakuums das kondensierte Medium auf der Baugruppe. Aber auch ein Vorvakuum ist einstellbar, was zusätzlich zur Porenreduktion beitragen kann. Ein typischer Temperatur-Druck Verlauf ist in Abbildung 1 dargestellt.
Mit Unterdrücken von weniger als 50 mbar wurden zufriedenstellende, porenfreie Lötverbindungen erzeugt. Abbildung 2 und 3 zeigen die drastische Reduzierung des Porenanteils des Lötprozesses ohne Vakuum im Vergleich zum Vakuumlöten, sowohl am Beispiel von gelöteten Si-Chips als auch gemessen an gelöteten BGAs. Ebenfalls wird hier auch verdeutlicht, dass die Lotspalthöhe einen Einfluss auf die Porenbildung hat. Allerdings birgt das Vakuumlöten auch gewisse Nachteile. So ist die Erzeugung des Vakuums sehr kosten- und auch zeitaufwendig, da viele Materialien der Baugruppe ebenso ausgasen und das Vakuum dadurch verlangsamt erreicht wird. Außerdem wird mehr Medium PFPE (Galden) verbraucht, was die Kosten steigert. Zusätzlich wird durch das schlagartige Verdampfen des Flussmittels die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Lotperlen erzeugt werden. Außerdem ist auf diese Weise keine Massenproduktion realisierbar.
Das Konzept beim Vakuumlöten, um eine Porenreduktion in Lötverbindungen zu erreichen, besteht darin, dem Gaseinschluss zu ermöglichen, die Oberflächenspannung des flüssigen Lotes zu durchbrechen, was aufgrund einer Reduktion des Absolutdruckes möglich ist. Neue Betrachtungen ergaben, dass eher die Druckdifferenz zwischen der eingeschlossenen Pore und des flüssigen Lotes entscheidend für das Entfernen der Voids ist. Diese Druckdifferenz kann ebenso erreicht werden, wenn die Pore unter Überdruck entsteht und dann der Druck auf den normalen Atmosphärendruck gesenkt wird. Verschiedene Unternehmen und Entwickler haben diese Idee verfolgt und eine Lösung zum Überdrucklöten entwickelt, die in den herkömmlichen Prozess des Reflow-Konvektionslötens integriert werden kann. Die Vorteile bestehen darin, dass die Wärmeübertragung weiterhin mittels Konvektion stattfindet und die thermischen Verhältnisse dem normalen Reflow-Lötprozess im Konvektionsofen ähneln. Außerdem tritt hier der Effekt der ausgasenden Materialien der Baugruppe nicht auf. Basierend auf diesen Annahmen wurde beispielsweise von der Firma Seho eine Überdruck-Reflow-Anlage entwickelt. Wie bei üblichen Reflow-Konvektionsöfen besitzt die Anlage einen Vorheizbereich, jedoch ist der Peakbereich gleichzeitig eine Druckkammer, in der die Baugruppe durch Gaskonvektion erwärmt werden kann. Die Druckkammer muss im Prozess nicht notwendiger Weise genutzt werden, was bedeutet, dass auch typische Lötprozesse ohne Überdruck durchführbar sind. Der Peakbereich besteht aus zwei Zonen. In der ersten Konvektionszone wird das geschmolzene Lot mit Druck beaufschlagt, der nur kurzzeitig gehalten wird und daraufhin wieder schlagartig auf Normaldruck abgebaut wird. An dieser Stelle weichen die Poren, die unter Überdruck entstanden sind, aus der Lötverbindung. In der zweiten Konvektionszone wird der Druck wieder erhöht und gehalten, bis das Lot unter diesem erstarrt ist. Das beschriebene Temperatur-Druck-Profil ist in Abbildung 4 dargestellt.
Es gibt auch weitere Möglichkeiten, das Temperatur-Druck-Profil zu gestalten. So kann man den Druck beispielsweise nur am Anfang des Peak-Bereiches aufbauen und/oder auch die Höhe des aufgebrachten Druckes variieren. Die Auslegung des Profils hat großen Einfluss auf das Lötergebnis, was Abbildung 5 verdeutlicht.
Auch das Diagramm in Abbildung 6 verdeutlicht, wie unterschiedlich sich verschiedene Profile auf die prozentuale Anzahl von Poren in der Lötverbindung auswirken können.
In der Findung dieses „optimalen“ Temperatur-Druck-Profils liegt der wohl einzige Nachteil dieser Technologie. Ansonsten ist das Überdrucklöten im Vergleich zum noch standardmäßig eingesetzten Vakuumlötprozess in vielen Punkten überlegen. So ist der zusätzliche Verbrauch und die damit verbundenen Kosten ziemlich gering, da das verwendete Gas, welches zur Erzeugung des Überdruckes benötigt wird, beim Abbau der Überdruck-Zone in der Vorheizzone verwendet werden kann, sodass die Kosten des Prozesses gegenüber dem Konvektionslöten ohne Überdruck nicht wesentlich höher sind. Weiterhin ist die im letzten Abschnitt beschriebene Problematik der Wärmestrahlung nicht vorhanden, da die Wärmeübertragung mittels Konvektion erfolgt. Lotspritzer, wie sie im vorangegangenen Kapitel Erwähnung fanden, sind in bisherigen Untersuchungen nur selten entstanden.
Die beiden beschriebenen Verfahren der Voidreduzierung, das Vakuumlöten und auch das Löten unter Überdruck, können beide zur porenarmen oder nahezu porenfreien Herstellung von Lötverbindungen beitragen. Dennoch bringen beide Verfahren auch Nachteile mit sich. Die derzeitige Forschung beschäftigt sich damit, die Vorteile beider Verfahren zu kombinieren, um auf diese Weise die noch vorhandenen Nachteile zu eliminieren.
Bildquellen:
[1] Rink, M. 2011. Ipsen. [Online] Januar 01, 2011 [Cited: September 27, 2014.] http://www.ipsen-blog.de/2011/05/26/vakuumloten/
[2] Wohlrabe, H., et al. 2007. Abschlussbericht Voidingprojekt. Dresden : TU Dresden, 2007
[3] Reinhardt, A., et al. 2014. Löttechnologien für Baugruppen der Leistungselektronik. Plus. Juli 01, 2014, pp. 1509-1514.
[4] Wege, S. and Diehm, R. L. 2013. Poren in SMT - Lötstellen. Hamburg : SeHo, 2013