Studentisches Raketen-Team Oronos Polytechnique greift mit PCB-Designs nach den Sternen

Judy Warner
|  Erstellt: Januar 30, 2019  |  Aktualisiert am: Juli 28, 2020

In diesem Interview spreche ich mit Nathanael Beaudoin-Dion, dem Avionics-Leiter des Oronos Polytechnique Rocket Teams von der Technischen Universität Polytechnique Montréal. Jedes Jahr im Juni nimmt Oronos am Spaceport America Cup teil, dem weltweit größten Raketenbau-Wettbewerb, der in New Mexico auf dem einzigen kommerziellen Weltraumbahnhof der Welt ausgetragen wird. Viel Spaß mit diesem Artikel, den Fotos der Raketen und den Videos von diesem beeindruckenden Team.

Judy Warner: Erzählen Sie uns bitte von Ihrer Universität und was Oronos dazu veranlasst hat, ein Raketenteam zu gründen.

Nathanael Beaudoin-Dion: Das Polytechnique Montreal ist eine kanadische Ingenieurschule mit zwölf verschiedenen Studiengängen – von der Elektrotechnik bis zur Luft- und Raumfahrttechnik. Oronos Polytechnique wurde 2010 von drei jungen Raketenamateuren gegründet, die in ihrem Studium neue Gipfel stürmen wollten. Ihre Leidenschaft für die Raketentechnik führte zur Gründung eines Designteams, das sich dann am 8. Internationalen Raketentechnik-Wettbewerb beteiligte.

Warner: Wie viele Studenten sind im Team und welche Studienabschlüsse streben sie an?

Beaudoin-Dion: Oronos Polytechnique besteht aus 60 Studenten, vom Studienanfänger bis zum Masterstudenten. Wir pflegen den Kontakt zu mehreren Generationen ehemaliger Mitglieder auch nach deren Ausscheiden, um ein starkes Netzwerk von Studenten und Fachleuten, die Jahr für Jahr ihr Fachwissen miteinander teilen können, aufzubauen.

Warner: Welche Raketen baut denn Ihr Team und welche technischen Parameter haben diese?

Startbereite Oronos-Rakete

Beaudoin-Dion: Für die Teilnahme am Spaceport America Cup bauen wir Forschungsraketen, die bestimmte Höhen erreichen sollen. Das sind Raketen, die ein wissenschaftliches Experiment durchführen und während des Fluges Daten sammeln sollen. Wir haben Raketen auf 10.000 Fuß, 25.000 Fuß und 30.000 Fuß (ca. 3, 7 und 9 km) gebracht. Zum Vergleich: Flugzeuge bewegen sich in der Regel zwischen 30.000 und 35.000 Fuß (ca. 9 bis 10 km).

Für den Antrieb setzten wir meist kommerziell angebotene Standard-Motoren für Feststoffantrieb ein, doch in der Zwischenzeit haben wir unser eigenes Hybrid-Raketentriebwerk entworfen und entwickelt. Hybrid-Triebwerke verwenden eine Kombination aus einem flüssigen Oxidator und einem Festbrennstoff, im Gegensatz zu Motoren für 100 % Festbrennstoff. Dieser Motor wurde während des Wettbewerbs im Jahr 2018 erfolgreich eingesetzt und erhielt den Gil-Moore-Preis für Innovation. Wir sind jetzt dabei, diesen Motor zu verbessern, damit wir es auf den ersten Platz schaffen.

Raketentransportfahrzeug

Warner: Erzählen Sie uns doch bitte mehr über den Spaceport America Cup – wie viele Teams nehmen jedes Jahr teil?

Beaudoin-Dion: Der Spaceport America Cup ist der größte internationale Raketenwettbewerb für Studenten. Letztes Jahr nahmen 120 Teams mit insgesamt 1500 Studenten daran teil. Er findet in der Wüste von New Mexico in der Vertical Launch Area (VLA) des Spaceport America statt, des weltweit ersten kommerziellen Weltraumbahnhofs.

Beaudoin-Dion: Der Wettbewerb ist in Kategorien unterteilt, nach Antriebsarten (Standard-Feststoff, von Studenten erforschte und entwickelte Feststoff‑ und Hybrid/Flüssig-Antriebe) und Zielhöhen (10.000 oder 30.000 Fuß). Jedes Team tritt in einer Kategorie an und erhält Punkte für seine technische Innovation, die Vollständigkeit und Durchdachtheit des Designs sowie für den Flug, wobei es meist um die Genauigkeit geht, mit der die Zielhöhe erreicht wurde.

Bergen der gelandeten Rakete

Warner: Welche Arten von PCBs kommen in die Rakete und welche Rolle spielt die Elektronik in der Rakete?

Beaudoin-Dion: Die Elektronik in unseren Raketen ist entscheidend für einen sicheren Flug. Die Flugcomputer sind für den Einsatz von Fallschirmen, die Datenerfassung zur Optimierung unserer Flugsimulationssoftware und die Duplex-Telemetrie mit dem Team am Boden zuständig. Zusätzliche Module kümmern sich um die Nutzlast, die Motorsteuerung und mehr, abhängig von der Konfiguration der jeweiligen Rakete. (Sehen Sie sich dazu das exzellente Video von Oronos zum Altium-Layout hier an.

Warner: Wie hat Altium Designer dem Team geholfen, sein Ziel – den Bau einer funktionstüchtigen Rakete – zu erreichen?

Beaudoin-Dion: Unsere Raketen beinhalten normalerweise 4 bis 10 PCBs, die alle von unserem Avionik-Team entworfen werden. Mit Altium Designer können wir unseren Entwicklungsprozess rationalisieren, Bibliotheken für gemeinsame Bauteile zur Vereinheitlichung aller unserer PCBs erstellen und unsere Mitglieder mit einem Industriestandard-Tool für das PCB-Design trainieren lassen. Avionik ist für den Flug einer Rakete entscheidend, und somit sind die eingesetzten Werkzeuge der Schlüssel zu unserem Erfolg.

Team Oronos Polytechnique beim Spaceport Cup 2018

Warner: Welche Sicherheitsvorkehrungen müssen Amateur-Raketenteams beachten?

Beaudoin-Dion: Raketentechnik ist ein energetisches und für Ausfälle anfälliges Gebiet. Wir gehen mit explosiven Dingen wie etwa Zündern, Schwarzpulver und unter Druck stehendem Treibstoff um, wofür es strenge Sicherheitsverfahren gibt, um die Sicherheit aller Beteiligten zu gewährleisten. Ein weiterer Faktor ist die Bedeutung der Redundanz. Für den sicheren Flug einer Rakete sind mehrere Systeme von entscheidender Bedeutung. Jede Abteilung muss sicherstellen, dass alles bei Hardware und Software mindestens zweimal ausfallen muss, damit es zu Auswirkungen auf den Flug der Rakete kommt.

Warner: Welche beruflichen Ziele haben die Studenten Ihrer elektrotechnischen Untergruppe?

Die meisten unserer Studenten streben Karrieren an, die mit Weltraumtechnik zu tun haben, einschließlich der Arbeit an Avionik für Orbitalraketen. Ein großer Teil unserer Absolventen verfolgt eine Karriere in der Luft- und Raumfahrt und arbeitet an elektronischen Systemen für Hubschrauber, Flugzeuge, Raketen oder Satelliten.

Warner: Gab es im letzten Jahr irgendwelche besonders lustigen oder unvergesslichen Momente im Team?

Beaudoin-Dion: Beim Entwickeln, Bauen und Starten einer Rakete gibt es eine ganze Reihe glücklicher und weniger glücklicher Momente. Zu den anspruchsvollsten und überraschendsten Dingen gehört dabei die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Abteilungen. Vor zwei Jahren brachte unsere Avionik die Rakete zum Absturz. Vor drei Jahren haben die Sprengladungen in der Rakete unsere Avionik in die Luft gejagt. Wenn wir aber alle harmonisch zusammenarbeiten, rühren wir erwachsene Menschen in der Wüste zu Tränen – wie im letzten Jahr, als die von ihnen gebaute Rakete schließlich doch noch sanft an ihrem Fallschirm landete.

Es ist eben Raketenwissenschaft – nicht weil sie einfach ist, sondern weil sie eine Herausforderung darstellt und man dankbar ist, wenn am Ende alles funktioniert.

Warner: Nun, wir alle hier bei Altium sind von Ihnen und Ihrem Team inspiriert, Nathanael! Ich bin sicher, unsere Leser werden es auch sein. Vielen Dank, dass Sie uns von Ihrem fantastischen Team und Ihrer Arbeit bei Oronos erzählt haben.

Beaudoin-Dion: Es war mir ein Vergnügen, Judy. Vielen Dank für diese Gelegenheit.

Viel Spaß beim Ansehen dieser Videozusammenfassung von Oronos beim Spaceport Cup 2018.

Über den Autor / über die Autorin

Über den Autor / über die Autorin

Judy Warner ist seit über 25 Jahren in einer einzigartigen Vielfalt von Rollen in der Elektronikindustrie tätig. Sie verfügt über einen Hintergrund in der Leiterplattenherstellung, Hochfrequenz- und Mikrowellen-Leiterplatten, sowie in der Auftragsfertigung mit Schwerpunkt auf Militär-, Luft- & Raumfahrt-Anwendungen.

Darüber hinaus war sie als Autorin, Bloggerin und Journalistin für verschiedene Branchenpublikationen wie Microwave Journal, PCB007 Magazine, PCB Design007, PCD&F und IEEE Microwave Magazine tätig und ist ein aktives Vorstandsmitglied der PCEA (Printed Circuit Engineering Association). Im Jahr 2017 kam Warner als Director of Community Engagement zu Altium. Neben der Veranstaltung des OnTrack-Podcasts und der Erstellung des OnTrack-Newsletters rief sie die jährliche Altium-Anwenderkonferenz AltiumLive ins Leben. Warners Leidenschaft ist es, Ressourcen, Unterstützung und Fürsprecher für PCB Design Engineers weltweit bereitzustellen.

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