Ich verbringe meine Zeit nicht nur mit dem Design elektronischer Hardware und regelmäßigem Joggen (zur Stressbewältigung), sondern auch – und das mit großer Leidenschaft – mit Stricken. Meine Großmutter hat es mir beigebracht, als ich noch in der Grundschule war, und mittlerweile habe ich diese Fertigkeit selbst an etwa ein Dutzend „Lehrlinge“ weitergegeben. Kraft meiner langjährigen Erfahrung weiß ich, dass der eigentliche Spaß erst beginnen kann, wenn das passende Garn gefunden ist: Sollen es Söckchen oder ein Pulli für ein Baby werden? Dann muss der gewählte Faden weich und zugleich maschinenwaschbar sein, damit die Eltern sich nicht mit einer Handwäsche abmühen müssen. Wie wichtig ist es, dass der Stoff nicht kratzt? Welche Alternativen gibt es, wenn der zukünftige Träger allergisch auf Wolle reagiert? Und welches Garn sorgt dafür, dass das Endprodukt schön fällt oder seine Form behält?
Bevor ich also mit dem Stricken beginnen kann, muss ich diverse Parameter in Betracht ziehen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das Ergebnis nicht zu meiner Zufriedenheit ausfällt und ich noch einmal von vorn anfangen kann. Das Gleiche gilt bei der Auswahl der Materialien für eine Leiterplatte. Angehende PCB-Designer machen in diesem Punkt üblicherweise nicht allzu genaue Vorgaben (es sei denn, es handelt sich um ein Projekt mit speziellen Anforderungen) und erzielen damit zufriedenstellende Ergebnisse. Doch wenn es um Hochspannungs-PCBs oder andere Nischenanwendungen geht, sind detailliertere und umfassendere Spezifikationen erforderlich.
Zunächst sollten Sie ein Basismaterial für Ihr PCB-Design spezifizieren. Dieses Material muss zum einen Ihre Performance-Anforderungen erfüllen und zum anderen für die anvisierte Betriebsumgebung geeignet sein. Letztere hat nämlich einen entscheidenden Einfluss darauf, wie die Leiterplatte altert.
Hochspannungsdesigns verlangen nach speziellen Basismaterialien, die nicht nur für den regulären Hochspannungsbetrieb ausgelegt sind, sondern auch einem Überspannungsereignis widerstehen können. Geeignete Optionen für dieses Anforderungsprofil sind unter anderem:
FR-4-Laminate: Verbundwerkstoffe der Klasse FR-4 zeichnen sich durch eine hohe Durchschlagsfestigkeit aus. Zugleich sind sie jedoch poröser als BT-Epoxy und Polyimide, sodass die Leiterplatte leichter kontaminiert wird. Darüber hinaus weisen sie strukturelle Schwächen im Randbereich auf, was zur Rissbildung und damit zur Schwächung ihrer dielektrischen Eigenschaften führt. Diese Alterungsprozesse sind ein gängiges Problem, insbesondere für elektronische Bauteile im Randbereich der Leiterplatte. Als weiterer Nachteil erweist sich, dass FR-4-Laminate keinen Schutz vor durch Überspannungsereignisse versuchten Verschwelungen bieten und verschwelte Bereiche dauerhaft beschädigt bleiben.
BT-Epoxy: Dieses Material zählt zur Gruppe der hitzegehärteten Harze. Aus BT-Epoxy gefertigte Leiterplatten verfügen über stabile Seitenwände und sind damit besser für Anwendungen mit Planarspulen und mittlerer Betriebsspannung geeignet.
Hochspannungsmaterialien von Isola: Unter den zahlreichen Laminaten für Hochspannungsanwendungen zählen die Produkte von Isola zu den bekanntesten. Sie sind in der Lage, einen Lichtbogen zum Erlöschen zu bringen, und verfügen über eine nichtleitende Basisschicht. Obwohl das geradezu unglaubliche Vorteile für Hochspannungsanwendungen sind, sollten Sie sich vor einer Entscheidung für derartige Materialien mit deren Beschränkungen vertraut machen. Denn diese Laminate sind üblicherweise ziemlich teuer und erlauben lediglich die Produktion einseitiger Leiterplatten oder sehr einfacher doppelseitiger PCBs.
Wenn Sie mit der Planung der Produktion Ihres Designs beginnen, sollten Sie die Datenblätter sämtlicher infrage kommender Materialien vorliegen haben, damit Sie sicherstellen können, dass sie Ihre Performance-Anforderungen erfüllen. Außerdem sollten Sie vermeiden, verschiedene isolierende Materialien auf einer Leiterplatte miteinander zu kombinieren, da die daraus resultierenden heterogenen Materialeigenschaften Probleme bei der der Fertigung und der Realisierung der gewünschten Performance nach sich ziehen können.
Sehen Sie davon ab, auf den einzelnen Schichten Ihrer Leiterplatte verschiedene isolierende Materialien in Kombination einzusetzen.
Wenn die vom Hersteller bereitgestellten Datenblätter oder Fertigungsleitfäden keine Angaben zu Harzgehalt und Typ der Glasfasermatten enthalten, sollten Sie sich unbedingt speziell danach erkundigen. Bei PCBs für Hochspannungsanwendungen ist ein hoher Harzgehalt wichtig, um die Hohlräume zwischen den verschiedenen Schichten des Laminats möglichst gering zu halten und die gewünschten dielektrischen Eigenschaften Ihrer Leiterplatte zu realisieren. Darüber hinaus ist der Einsatz von kleinfaserigen Geweben empfehlenswert, da kleine Fasergrößen die Tränkung mit Harz erleichtern.
Prüfen Sie auch die Durchschlagsfestigkeit, die für harzbasierte Materialien üblicherweise in der Einheit kV/mm angegeben wird. Sie sollten sicherstellen, dass die elektrische Feldstärke in den Isolierschichten Ihrer Leiterplatte stets unter dem für die gewünschte Lebensdauer einschlägigen Wert für die Durchschlagsfestigkeit liegt. Dabei ist für die Wechselstrom-Durchschlagsfestigkeit weniger als die Hälfte des Werts für die Gleichspannungs-Durchschlagsfestigkeit zu veranschlagen.
Nachdem Sie die Laminierschichten und den Harzgehalt für Ihr PCB-Design festgelegt haben, können Sie sich den stromleitenden Schichten widmen. Es gibt verschiedene Sicherheitsrichtlinien zur Dimensionierung der Abstände zwischen Leiterbahnen und Pads. Beispielsweise empfiehlt der US-Standard MIL-STD-275, bei der Berechnung des nötigen Mindestabstands eine Durchschlagsfestigkeit von 0,315 kV/mm zugrunde zu legen. Allerdings bleibt hier – wie bei verschiedenen anderen älteren Standards – unberücksichtigt, dass seit dem Inkrafttreten dieser Vorgaben neue Materialien wie HVPF oder Kapton entwickelt wurden, die Feldstärken von bis zu 39,4 kV/mm aushalten.
Neben den erforderlichen Abständen müssen Sie außerdem ermitteln, welche Qualität und welche Dicke Ihre Kupferschichten aufweisen sollten, um den späteren elektrischen und mechanischen Belastungen standzuhalten. Bei Schichtstärken zwischen 35 und 104 µm kann es zum Materialversagen kommen, wenn ein Überstrom auftritt; Schichtstärken zwischen 35 und 70 µm haben zur Folge, dass die Leiterplatte anfällig für mechanische Belastungen ist. Selbst kleine Vergrößerungen der Schichtdicke steigern die Lebensdauer und Strapazierfähigkeit Ihrer Leiterplatte.
Bevor Sie Ihr Design in die Herstellung geben, müssen Sie die Dicke der Kupferschichten festlegen. Dabei sollten Sie unbedingt beachten, dass allzu dünne Kupferbahnen nicht für Hochspannungsanwendungen geeignet sind.
Zu guter Letzt sollten Sie Ihren Hersteller dazu befragen, wie er die Oberfläche der gefertigten PCBs behandelt. Unebenheiten, Staubpartikel, Materialinkonsistenzen, Verunreinigungen und andere Beeinträchtigungen der Oberflächenqualität der Leiterplatte erhöhen das Risiko eines Spannungsüberschlags und können dadurch sämtliche Vorteile der von Ihnen sorgfältig ausgewählten Materialien zunichtemachen. Raue Stellen oder Kratzer in Leiterbahnen und Kupferflächen bewirken hohe elektrische Feldstärken in bestimmten Bereichen, in denen dann auch bei geringen Spannungen Lichtbogen auftreten können. Daher sollten Sie unbedingt dafür sorgen, dass Ihre PCBs während des gesamten Herstellungsprozesses vor jeglichen Beschädigungen geschützt sind, die sich negativ auf ihre Hochspannungs-Performance auswirken könnten.
Kratzer in den Kupferschichten erhöhen das Risiko eines Spannungsüberschlags.
Im direkten Vergleich zeigt sich also, dass bei der Auswahl der richtigen Materialien für ein Hochspannungsdesign deutlich mehr Kostenfaktoren berücksichtigt werden müssen als bei der Auswahl von Garn. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Entscheidungsprozess eines PCB-Designers aufwendiger sein muss als der eines Strickprofis. Wenn Sie ein Designtool verwenden, mit dem Sie Ihre Performance-Anforderungen und Toleranzen an zentraler Stelle verwalten können, lässt sich einfacher ermitteln, was sie brauchen (und was nicht). Das vereinfacht nicht nur die Planung, sondern ermöglicht auch Einsparungen. Mit CAD-Software für die Elektronikbranche wie Altium Designer und Altium Vault können Sie Ihr Design und Ihre Lieferkette einfach verwalten. So meistern Sie die PCB-Fertigung im Handumdrehen und haben dann mehr Zeit zum Stricken oder Joggen – oder für andere Projekte, an denen Sie arbeiten.
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