Kürzlich hatte ich auf der IPC APEX in San Diego die Ehre, den CEO von Elmatica, Didrik Bech, zu treffen und ein Interview mit ihm zu führen. Jedes Jahr bin ich auf der Konferenz ehrenamtlich als Gastredakteur für Real Time with IPC tätig. Dadurch lerne ich immer wieder interessante Branchenführer wie zum Beispiel Bech kennen. Im Anschluss bat ich Bech um ein Interview für die Leser von OnTrack, damit auch Sie mehr über diesen faszinierenden norwegischen PCB-Dienstleister erfahren können. Elmatica ist in über 30 Ländern vertreten und nutzt einen datenbasierten Ansatz, um seinen Kunden eine Transparenz zu bieten, die ihresgleichen sucht. Das Unternehmen steht damit an der Spitze des Trends zur vollständig digitalen Lieferkette.
Didrik Bech, CEO von Elmatica
Judy Warner: Bitte erzählen Sie uns doch kurz etwas zu Ihrem beruflichen Werdegang und zur Geschichte und zum Geschäftsmodell von Elmatica.
Didrik Bech: Elmatica wurde 1971 in Oslo, Norwegen gegründet. Am Anfang war es ein PCB-Entwickler, der dann auch PCB-Fertigung anbot und schließlich zu einem reinen PCB-Dienstleister wurde. Unsere Mission ist der Abschluss der Beschaffungsprozesse unserer Kunden und die Schaffung von Transparenz in den Transaktionen für unsere Partner, indem wir die Verantwortlichkeiten zwischen den Beteiligten regeln. Wir können also die Produktentwicklung unserer Kunden sichern, indem wir unsere Leistungen in den Prozess einbringen: Beratung, Beschaffung, Fertigung und Logistik.
Wir fungieren über den gesamten Produktentwicklungsprozess unserer Kunden hinweg als Partner; von der Ideenphase, in der wir beraten, bis zur Entwicklungsphase, in der wir Standards festlegen und Preise kalkulieren, um die Auslieferung des ersten Prototyps zu ermöglichen und sicherzustellen, dass für die endgültige Produkteinführung der richtige Hersteller und die passenden Compliance-Vorgaben festgelegt wurden. Unsere Systeme verfolgen automatisch die gesamte Kommunikation und analysieren über 100 Eigenschaften eines jeden PCB. Dies sieht man deutlich auf jedem Kostenvoranschlag. Wir können zwar nicht mit extravaganten Powerpoint-Präsentationen und Werbebroschüren aufwarten, aber dafür wir bieten unseren Kunden Transparenz: Wir zeigen ihnen, was wir tun, wann wir das tun und wie wir das tun. Dies sind die Elemente unserer digitalen Lieferkette, und unser Engagement gilt der Planungssicherheit für die Produkte unserer Kunden.
Ich fühlte mich geehrt, als ich vor acht Jahren zum Unternehmen kam. Ich bin jetzt der dritte CEO in insgesamt 48 Jahren. Die Geschichte und die Kultur des Unternehmens sind die beiden Säulen der Verantwortung, die gepflegt und weiterentwickelt werden müssen, um uns optimal für die künftigen technischen Möglichkeiten aufzustellen. Elmatica hat in den letzten acht Jahren neue IT-Fähigkeiten entwickelt, was nur mit einer höchst kompetenten Organisation und mit vorausblickenden Geschäftsführern möglich war.
Bei vielen Unternehmen ändert sich die Belegschaft jährlich, aber bei Elmatica verlässt kaum jemand jemals seine Stelle. Diese Stabilität und die Leidenschaft für das, was wir tun, spüren auch unsere Kunden. Und natürlich machen wir die Dinge gern auf unsere Weise. Als wir unser erstes Firmenvideo drehten, orientierten wir uns dabei an dem Kultfilm Bube, Dame, König, grAS – das ist kein Streifen mit Menschen in Anzügen, die schlau daherreden.
Warner: Bitte erklären Sie doch kurz, was ein PCB-Broker ist und welche Dienstleistungen Elmatica anbietet.
Bech: Manche scheinen Dienstleister mit Händlern zu verwechseln. Ein Händler kauft Waren, lagert sie in seinen Bestand ein und verkauft sie später an einen oder mehrere Kunden. Ein Dienstleister dagegen kauft nur dann Waren ein, wenn er dazu einen Auftrag erhält – besonders, wenn es sich um ein kundenspezifisches Produkt handelt. Wir sind praktisch der Makler für die PCB-Fertigung, der verlängerte Arm des Kunden zum Hersteller. Wir vereinfachen den Beschaffungsprozess und bieten unseren Kunden Transparenz in Sachen Dokumentation, Daten und Compliance.
Transparenz und Echtzeit-Zugang zu den Daten sind inzwischen ein globaler Megatrend, nicht nur in der PCB-Branche. Wenn Sie Eier für das Frühstück kaufen, möchten Sie wissen, wo diese herkommen, ob sie aus Bio-Haltung stammen, ob sie nachhaltig erzeugt wurden, ob der Bauer geprüft und zertifiziert ist und ob die Tiere in Freilandhaltung leben. Wenn Sie diese Anforderungen an Ihre Lebensmittel stellen, müssen Sie unabhängigen Stellen und Standards vertrauen, da Sie weder die Zeit noch die Kenntnisse haben, um alles selbst zu prüfen. Also frage ich mich, wo der Unterschied zu PCBs liegt? Sie möchten wissen, was passiert, und diese Informationen in Ihrer Lieferkette berücksichtigen. Und genau hier kommen wir ins Spiel.
Elmatica hat seine Leistungen in vier Kategorien unterteilt: Beratung, Beschaffung, Fertigung und Logistik. Wir wissen aus Erfahrung, dass eine frühe Beteiligung an der Produktentwicklung für alle Beteiligten von Vorteil ist. So bekommen wir eine Möglichkeit, Schwierigkeiten beim Design zu lösen, Technologien auszuwählen und für das Endprodukt das tauglichste Design auszuwählen. Unsere Mission besteht darin, den Beschaffungsprozess des Kunden abzuschließen. Wir unterstützen aber auch die Hersteller und holen uns ihr Feedback zu ihren Problemen mit den Kunden.
Warner: Sie arbeiten mit vielen PCB-Entwicklern zusammen. Welche Herausforderungen erleben Sie dabei und wie unterstützt Elmatica sie bei deren Bewältigung?
Bech: Jeden Monat nehmen wir über 900 Bestellungen bei ausgewählten Lieferanten vor, wovon etwa 250 neue Bauteilnummern betreffen. Dieser Arbeitsumfang lässt sich nur mit täglicher Zusammenarbeit zwischen mehreren Entwicklungsteams von verschiedenen Lieferanten, Kunden und Elmatica bewältigen, die alle umfassende Kenntnisse über die Produkte und Fähigkeiten der Lieferanten haben.
Wir haben täglich mit Design for Manufacturing, Fragen zum Widerstand, Lagenaufbau, Flex-Design, Temperaturmanagement, Stromversorgungs-Design, Gehäusetoleranzen, Kupferstruktur-Toleranzen und vielem mehr zu tun. Unsere Kunden kommen oft mit Herausforderungen wie den folgenden zu uns: spezielle Lagenaufbau-Vorschläge anhand der in der Fertigung verwendeten Werkstoffe, Minimal-Fähigkeiten der Fabrik bei Durchkontaktierungs-Bohrungen und Pad-Größen, verschiedene Methoden zur Behandlung von Durchkontaktierungs-Bohrungen (von völlig offen bis zu 100 % gefüllt und abgedeckt), Fehler in der Netzliste aufgrund manueller Änderungen an Gerber-Dateien oder Gerber/Excellon-Dateien zusammen mit ODB++-Dateien.
Hinzu kommen natürlich widersprüchliche Spezifikationen in Gerber-Dateien und Textdokumenten. Dieses Problem tauchte so häufig auf, das wir CircuitData entwickelt haben – eine einheitliche Open-Source-Sprache für Artikelspezifikationen.
Warner: Sie haben Ihren Sitz in Norwegen. Welche Regionen deckt Elmatica ab und wie gehen Sie an die Märkte heran (z.B. durch regionale oder lokale Vertriebsteams)?
Bech: Wir haben unseren Hauptsitz in Norwegen, aber Teams in ganz Europa, in Südafrika und in China. Wir beliefern 38 Länder auf 5 Kontinenten. Unser Vertriebsteam ist strategisch aufgestellt und kümmert sich hervorragend um unsere Kunden. Sie reisen überall dort hin, wo ihre Unterstützung gefordert ist. So, wie die Welt heute funktioniert, sowie in Anbetracht der Schlüsselfunktion der Daten, ist das System, in dem man arbeitet, genauso wichtig wie die Platzierung der Menschen.
Wir bei Elmatica haben unsere eigene Software zur Artikelregistrierung, für technische Anfragen, zur Verifikation der Fähigkeiten und zur Nachverfolgung der Kommunikation entwickelt, um nur einige Aspekte zu nennen. Unser System analysiert beispielsweise über 108 Parameter pro Anfrage, um die Kosten, die Vorlaufzeit und den Hersteller mit den passenden Fähigkeiten zu ermitteln. Das nächste, gerade in der Umsetzung befindliche System wird sogar mehr als 1000 Parameter prüfen.
Warner: Elmatica hat eine Open-Source-Softwareplattform entwickelt, mit der sich die PCB-Designintention klar kommunizieren lässt. Erklären Sie doch bitte kurz den Zweck dieser Plattform und Ihre Beweggründe für deren Entwicklung. Wie funktioniert das mit Gerber-Dateien, IPC-2581, ODB+?
Bech: Wie bereits erwähnt, hat Elmatica über viele Jahre hinweg erlebt, wie die Komplexität bei der Beschaffung gedruckter Schaltungen immer mehr wächst. Das Konglomerat aus digitalen Spezifikationen, Plänen, PDFs und manuell ergänzten Informationen, die ständig von allen Beteiligten der Lieferkette interpretiert werden müssen, haben zu einer langwierigen und teuren Situation geführt. Eine standardisierte Sprache könnte bei der Leiterplattenentwicklung, bei Kostenvoranschlägen und bei der Fertigung des PCB viel Zeit sparen und das Fehlerrisiko senken. CircuitData ist eine Open-Source-Lösung, mit der die Branche endlich eine einheitliche Sprache für PCB-Artikelspezifikationen, Firmenanforderungsprofile, technische Änderungsaufträge und technische Fragen spricht.
Sie ergänzt die Dateien, die derzeit ausgetauscht werden, also Gerber-Files, ODB++ und IPC-2581. Sie stellt sicher, dass alle fehlenden Aspekte der Fertigungsdaten ergänzt werden. CircuitData ist quelloffen: Alle können also zur Entwicklung der Sprache beitragen. Der Vorstand achtet darauf, dass die Sprache mit der Branche Schritt hält.
Didrik Bech und Judy Warner Real Time with IPC Video-Interview auf der IPC APEX Expo
Warner: Welche Trends sehen Sie in der Elektronikbranche und welche Strategien bringen Sie für die sich verändernde Branchenlandschaft in den kommenden fünf bis zehn Jahren in Stellung?
Bech: Wir alle wissen, dass es in der Zukunft nur noch um Daten gehen wird, und die Branche bewegt sich langsam in Richtung der vollständig digitalisierten Lieferkette. Stellen Sie sich vor, wie die Dinge heute ablaufen: eine Lieferkette, die teils auf digitaler Kommunikation, auf PDFs und auf papiergestützten Prozessen beruht. Nachverfolgung und Kontrolle sind zeitraubend, und man kann sich nur schwer einen vollen Überblick verschaffen. Mit einer digitalen Lieferkette können wir ein Angebot vom Anfang bis zum Ende digital verarbeiten, indem wir Automatisierung, APIs (Application Programming Interfaces) und KI (künstliche Intelligenz) einsetzen. So können wir Anfragen schneller bearbeiten und mit derselben Anzahl von Mitarbeitern für noch mehr Genauigkeit sorgen. Es ist ein Vorteil für alle, die an der Beschaffung beteiligt sind.
Immer stärker automatisierte Produktionslinien werden unsere Effizienz steigern und uns die Möglichkeit geben, uns auf andere Aufgaben zu konzentrieren, die für unsere Kunden von Nutzen sind. Die Lieferkette hat sich von einigen Ansprechpartnern zu einem komplexen Geflecht aus Entwicklern, OEMs, Bestückern, Maklern, Distributoren, Fertigern und Subunternehmen entwickelt. All diese Beteiligten tauschen Daten untereinander aus und haben ihre Mühe mit deren Interpretation. Unseres Erachtens ist es ist an der Zeit, die PDFs abzuschaffen und auf die digitale Lieferkette umzustellen.
A propos Zukunft: Kürzlich waren wir auf der IPC APEX und fanden den Vortrag von JB Straubel, dem zukunftsorientierten Innovator, CTO und Mitgründer von Tesla, sehr interessant; insbesondere bezüglich der zukünftigen Innovationen, des Designs und der Kupfersituation. Die Innovation hat sich im letzten Jahrzehnt immer weiter beschleunigt und der Zugang zu Design- und Innovationswerkzeugen, PCBs und Bauteilen ermöglicht es sogar schon Kindern, sich früh mit Elektronikentwicklung zu beschäftigen.
Etwas über die faszinierende Entwicklung von Tesla (nicht nur das Auto, sondern auch das Unternehmen) und über ihre Erkenntnisse zu erfahren, war wirklich inspirierend. Ich habe schon mehrfach für unsere Kolumne im PCB007 Magazine, „The PCB Norsemen“, über die Kupfersituation, ihre Auswirkungen auf die Branche und mögliche Lösungen geschrieben.
JB Straubel und Tesla haben in ihrem Vortrag auch darüber gesprochen, dass Rohstoffe und deren Beschaffung in den kommenden Jahren zu einer der größten Herausforderungen werden könnten.
Die Nachfrage nach Rohstoffen wie Kupfer, Nickelsulfat, Kobaltsulfat und Lithiumverbindungen wird weiter steigen, und die Vorkommen sind nun einmal beschränkt. Das Einzige, was wir mit Sicherheit sagen können, ist: Die Zukunft wird uns sowohl Herausforderungen als auch Chancen bringen. Wir bei Elmatica sind überzeugt, dass diejenigen, die jetzt nicht auf den digitalen Schnellzug aufspringen, langfristig ins Hintertreffen geraten könnten.